Uncle Bard and the Dirty Bastards + Dom Beech | Galvanik Zug (Schweiz) | 17.03.2023

18. März 2023
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18. März 2023 Jessica

Der St. Patrick’s Day ist jedes Jahr so etwas wie das Hochfest für die Folkpunk Szene. Da werden die Spotify-Listen zum Glühen gebracht und die örtlichen Irish Pubs erhalten regen Zulauf. Es gibt allerlei Merchandise inklusive der schrecklichen Polyester-Monster-Hüte, die mich immer ein bisschen an Ballermann und Saufparty erinnern. Und ehrlicherweise ist der St. Patrick’s Day das leider auch für viele. Die Musik ist für viele Feiernde eher zweitrangig, mehr ein Hintergrundrauschen der grünen Partylaune. Wirklich enthusiastisch wird die Meute meistens erst bei Evergreens (Wortspiel beabsichtigt) wie Wild Rover, Whiskey in the Jar oder Dirty Old Town. Für mich sind einige dieser Songs inzwischen eher „Rausschmeißer“, weil ich sie einfach zu oft gehört habe. Natürlich haben auch Uncle Bard and the Dirty Bastards ein paar davon als Zugabe bei ihrem Konzert im Kulturzentrum Galvanik in Zug gespielt. Doch sie brillieren vor allem mit ihren Eigenkompositionen jenseits von Plattitüden.

Bevor die Italiener diese zum Besten gaben, eröffneten Dom Beech den St. Patrick’s Day musikalisch. Das Singer-Songwriter-Duo erinnerte mich teilweise ein wenig an Mumford and Sons. Es gab reduzierte Songs mit zwei Gitarren und Fußtrommel, ein Mix aus Folk und Pop. Für meinen Geschmack hätte an diesem Abend auch ein Opener mit mehr Power dabei sein dürfen. So war es ein eher gediegenes Set statt Anheizer, das aber musikalisch durchaus schön präsentiert. Bei meinem letzten Konzert der Dirty Bastards in Lenzberg war das energetisch mit Chicken Reloaded schon eine andere Nummer. Der Vergleich ist an der Stelle aber unfair, weil dieses Konzert wohl generell immer etwas wilder ausfällt.

Im Club Galvanik hatte der Konzertabend eine andere Atmosphäre. Die Location ist stylish und rockig gestaltet, grüne Spots und Specials auf der Karte sorgten für den passenden Anstrich zum St. Patrick’s Day, auch wenn ich Clubs mit etwas mehr Patina noch mehr mag. Die Dirty Bastards eröffneten ihren Gig und so viel muss an der Stelle aus weiblicher Sicht erlaubt sein: In ihren Outfits á la Peaky Blinders sind sie auch was fürs Auge. Die Schlipse und Hemden weichen im Lauf des Sets schnell den Unterhemden und das ist bei ihrer Energie auf der Bühne nur verständlich. Die Band weiß vom ersten Ton an, das Publikum mitzureißen – jeder hat seine Rolle und eigene Art. Während der eine hingebungsvoll und fast schon meditativ sein Instrument spielt, glänzt vor allem Sänger Guido mit inbrünstigem, aber auch gefühlvollem Gesang und Interaktion an der Front. Parallel wirbelt Gitarrist Silvano sich und seine rote Gitarre mit solch einem Tempo über die Bühne, dass man förmlich spürt: Die Energie und Leidenschaft nur auf die Saiten zu übertragen, reicht nicht. Sie muss rausgehüpft und getanzt werden.

Das Publikum an dem Abend war gemischt, die meisten dürften die Band nicht gekannt haben. So gab es auch ein paar für mich unverständliche Szenen. Wieso muss man zum Beispiel lautstark ein Video-Telefonat führen, wenn auf der Bühne jemand gefühlvoll eine Ballade singt? Es geht am St. Patrick’s Day für viele eben auch mehr ums Zeigen als um den Musikgenuss. Von einzelnen Ausreißern dieser Art abgesehen, war es aber ein schöner Abend mit den Dirty Bastards, die für mich wie eingangs erwähnt eben gerade durch ihre eigenen Songs überzeugen. Statt als irische Jukebox zu agieren, zeigen sie ihren persönlichen Sound, der die Energie und Attitude des Punks mit dem Tiefgang von Singer-Songwritern vereint. Selbst die lustigen „Trinklieder“ sind nicht platt und erzählen beim genauen Hinhören persönliche Anekdoten.

Nach dem Konzert gab es noch eine etwas mau besuchte Aftershowparty. Ich schwang noch etwas das Tanzbein, gönnte mir einen Gin Tonic für 15 Franken (!), dann ging es für uns zurück ins Bed and Breakfast Hotel. Demnächst spielt die Band ein Heimspiel in Mailand, da wäre ich gerne dabei. Vielleicht klappt es ja bei einem der nächsten Auftritte in Italien. Schließlich bin ich ja auch für mein Project Backstagelife reisewillig und auf der Suche nach Interviewpartnern für ein Gespräch bei Pizza oder Pasta. Wer sich von den Live-Qualitäten von Uncle Bard and the Dirty Bastards überzeugen will, ihr Live-Album „These are the days“ ist gerade erschienen. Aber noch besser: zu einem der nächsten Konzerte gehen.

Uncle Bard and the Dirty Bastards

Dom Beech

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Jessica

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